Recycling „ungenügend“

Recycling „ungenügend“

Zum sechsten Mal trafen sich 2012 die Green-IT-Spezialisten in Berlin zu einem Tagesseminar, das gemeinsam vom Bundesministerium für Umwelt und Reaktorsicherheit (BMU), Umweltbundesamt (UBA) und dem Branchenverband der ITK Industrie, BITKOM, veranstaltet wurde. Im Mittelpunkt diesmal: die Energie- und Ressourceneffizienz der IT-Wertschöpfungskette.
Für die wohl überraschendste Erkenntnis während der Veranstaltung sorgte Siddarth Prakash, der eine aktuelle Studie des Öko-Instituts Freiburg vorstellte. Leitfrage war, ob es sich hinsichtlich der Treibhausgasemissionen lohnt, ein noch funktionsfähiges Notebook durch ein Neugerät zu ersetzen, wenn das Neugerät in unterschiedlichem Umfang effizienter ist. Die verblüffende und sicher angesichts der vielen tollen Neugeräte ein wenig frustrierende Botschaft: Nein, das lohnt sich, energetisch jedenfalls, auf keinen Fall!

Warum nun fällt die Bewertung eines Neugeräts gegenüber der Weiternutzung des alten so eindeutig negativ aus? Das Freiburger Institut legte bei seiner Analyse den gesamten Lebenszyklus des Geräts zugrunde – von der Materialbeschaffung über den Schaltkreisbau, das Zusammensetzen und Ausliefern des fertigen Geräts, den Gebrauch, bis hin zu seiner Entsorgung und einem eventuellen Recycling. Prakash: „Bisher wurde die viele Energie, die in die Herstellung fließt, systematisch unterbewertet.“ Auf den Herstellungsprozess entfallen ganze 56 Prozent der Energieverbräuche im Notebook-Lebenszyklus. Das kann durch sparsame Verbrauchswerte nur nach exzessiv langem Geräteeinsatz ausgeglichen werden. Sonst wird die Energiebilanz des Neugeräts gegenüber der Weiternutzung des alten negativ.

Auch, daß Notebooks zu relativ hohen Gewichtsanteilen recycelt werden, hilft hier, so Prakash, nicht sehr viel. Denn: „Von den wirklich seltenen oder teuren Materialien, die nur in Spuren in den Geräten stecken, wie Gold, Silber oder seltene Erden werden nur Bruchteile recycelt.“ Bei der Umrechnung von Grunddaten in Treibstoffgas-Potentiale kommt es auf die jeweils verwendete Berechnungsgrundlage an. Es ergibt sich, daß ein Notebook, das zehn Prozent effizienter ist, mindestens aber 44 Jahre benutzt werden müsste, um energetisch zu rechtfertigen, dass sein Vorläufer aussortiert wurde.

Je effizienter ein Neugerät ist, desto kürzer wird diese Frist. Ein 70 Prozent effizienteres Notebook könnte unter Annahme der günstigsten Basisdaten immerhin nach fünf Jahren das alte ersetzen – nach den Maßstäben des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2009 müßten es in diesem Fall mindestens dreizehn Jahre Laufzeit sein. Auch Prakash nimmt nicht an, daß nun plötzlich Anwender ihre Rechner entsprechend lange verwenden werden. Dem stehen schon dauernde Veränderungen an der Software entgegen. „Es geht darum, endlich viel stärker an der Optimierung der gesamten Herstellungskette zu arbeiten“, fordert der Wissenschaftler.

Viel helfen könnten Geräte, bei denen mehr Komponenten ausgewechselt und Ersatz- oder Upgrade-Komponenten länger vorgehalten werden. Ein weiteres Anliegen an die Industrie sind Supportverträge für Systeme, die längere Lebensdauern nicht durch prohibitive Preisgestaltung oder gar gänzlich fehlende Angebote verhindern. Natürlich läßt sich auch das Recycling der Systeme noch erheblich verbessern, zum Beispiel, in dem die Trennbarkeit wichtiger Komponenten konstruktiv gesichert wird. Doch wenn die Herstellungsprozesse nicht effizienter würden, gingen solche Bemühungen am Kern des Problems vorbei, meint Prakash.

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Quelle: http://www.business.chip.de/artikel/Green-IT-und-Recycling-im-Business-Alltag-2_58117277.html , 27.11.2012, 14:33 Uhr

Geschrieben von tpaulwitz

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