Von Gesetzen gefesselt – Software-Unternehmer hat den Verwaltungsaufwand satt

Von Gesetzen gefesselt – Software-Unternehmer hat den Verwaltungsaufwand satt

Erschienen in: Markt & Mittelstand, Serie „Monster Bürokratie“, Januar 2008

Autor: Michael Gneuss

Software-Unternehmer Wolfhart Grote hat den Verwaltungsaufwand satt, den ihm die Abrechnung von Sozialversicherungsleistungen bereitet. Deshalb protestierte er in Handschellen vor dem Rathaus im fränkischen Erlangen.

 

Eigentlich findet Wolfhart Grote das Kinderkrankengeld gut. Wenn ein Kind krank wird, kann ein Elternteil zu Hause bleiben. Die Lohnfortzahlung übernimmt die Krankenkasse. Was der Geschäftsführer der infolab Gesellschaft für Informatikanwendungen mbH in Erlangen dagegen nicht in Ordnung findet, ist der Aufwand, den er jedesmal betreiben muss, wenn der Sohn oder die Tochter eines seiner 25 Mitarbeiter krank wird. „Der Verwaltungsaufwand ist oft höher als das Kinderkrankentagegeld, das die Kasse übernimmt“, ärgert sich Grote. Einer seiner Mitarbeiter hat drei Kinder, die nacheinander alle krank wurden. Jedesmal musste der Vater der Arbeit fern bleiben und Grote musste jedesmal aufs Neue Formulare bearbeiten.

Einen vierseitigen Fragebogen lassen die Krankenkassen den Unternehmer in solchen Fällen ausfüllen. „Ich halte das für unnötig, die Kassen haben doch alle Daten, die sie brauchen“, ärgert sich der Mittelständler. Grote hat daher bei den Kassen nachgefragt, ob es nicht eine einfachere Lösung gäbe. „Keine Chance“, sagt er. „Die Kassen berufen sich auf ihre Verwaltungsvorschriften.“

Was den fränkischen Unternehmer ärgert ist, dass es trotz seiner Mitarbeit immer wieder zu Unklarheiten kommt und das Abrechnungsergebnis der Kasse oft nicht mit seinem eigenen übereinstimmt. „Die Bürokratie ist so undurchschaubar geworden, dass die Krankenkassen oft selbst nicht wissen, was zu tun ist“, hat Grote erlebt. So musste er zuletzt viel Zeitaufwand und Ärger in Kauf nehmen, um zu klären, ob bei einer zweitägigen Abwesenheit eines Elternteils zwei 30stel oder zwei 20stel vom Monatslohn angerechnet werden. „Keiner wusste, wie das geht“, berichtet Grote. „Da gibt es unglaubliche Ermessensspielräume.“

Das Kinderkrankentagegeld ist für den Mittelständler der unangenehmste Bereich der Sozialversicherungs-Bürokratie, aber bei Weitem nicht der einzige. Ärgerlich findet er es auch, wenn Mitarbeiter nach einer Prämienzahlung von der Pflicht- in die freiwillige Krankenversicherung rutschen. „Obwohl sich keine Beträge und Zahlungen verändern, müssen wir das melden und wieder Formulare ausfüllen“. erzählt Grote. Bei einigen Mitarbeitern gehe das aufgrund unregelmäßiger Prämienzahlungen hin und her. Richtig kompliziert werde es, wenn die Prämien im Januar oder Februar gezahlt werden. „Denn dann wirkt die Zahlung auf das bereits abgerechnete Vorjahr zurück“, so Grote.

Nach Ansicht des Erlanger Software-Untrnehmers kann es so nicht weitergehen. Deshalb wollte er seinen Beitrag im dringend notwendigen Kampf gegen die Bürokratie leisten und protestierte in Handschellen vor dem Rathaus in Erlangen. Die Handschellen waren für ihn Symbol für die Regulierungswut des Gesetzgebers und der Behörden sowie für Veordnungen und Gesetze, „die weder Unternehmern noch Arbeitnehmern nutzen, sondern nur dafür sorgen, dass die Bürokratie kräftig wächst“.

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Geschrieben von tpaulwitz

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